Die Geschichte des havannabraunen Appenzellers
Bei unseren Sennenhunden handelt es sich weitgehend um autochthone Rassen, also um alteingesessene Hunde. Bei vielen Viehherden (1853) der Alp findet man einen sogenannten Sennenhund. Die Sennen brauchten jene kurzhaarigen, mittelgrossen und vielfarbigen Hunde zum Zusammentreiben der Herden.
Vor 1900 waren die Schweizer Sennenhunde in der kynologischen Literatur mit keinem Wort erwähnt. Sie waren wohl als sogenannte Küherhunde da, galten aber keineswegs als Rasse und waren es auch nicht, denn dazu waren sie zu unterschiedlich in ihrer äusseren Erscheinung. Wenn immer wieder geschrieben wird, die grossen Kynologen um die Jahrhundertwende hätten die Schweizer Sennenhunde vor dem Untergang gerettet, so stimmt das nicht genau. Sie retteten nicht bestehende Rassen, sondern sie schufen aus bestehenden rasselosen Küherhunden neue Rassen. (Räber)
Zu diesen Küherhunden gehörte auch der "Schilt" oder "Plattenhund", ein Sennenhund in weisser Grundfarbe mit grossen schwarzen Platten auf dem Rücken und an der Seite. Der Kopf war immer dreifarbigund so gezeichnet wie unsere heutigen Appenzeller. Dieser Hund ist völlig von der Bildfläche verschwunden. Ich habe diese Schilt-Hündin, sicher eines der letzten Exemplare, nach wochenlangemsuchen auf Bauernhöfen im Appenzellerland im Dezember 1997 nochgefunden.
Den so genannten "Frisch", der Toggenburger Sennenhund trift man noch häufiger auf Bauernhöfen an. Diese Hunde waren aber nur zweifarbig, ein fuchsrotes braun mit weissen Abzeichen.
Es geschah im vorigen Jahrhundert: die Schläge und Varianten der verschiedenen Gebrauchshunde, die es damals gab, wurden zuchtbuchgemäß erfasst, Standards erstellt, und es geschah das, was wir Hochzucht nennen: die verschiedenen Schläge waren nun gegeneinander abgegrenzt und durch Inzucht, Linienzucht und scharfe Selektion, insbesondere auf den sogenannten Formwert, soweit vereinheitlicht, dass sie nunmehr als Rassen bezeichnet werden konnten.
Es ist schade, dass die Artenvielfalt mit dem bestimmen des Rassestandards geschmälert wurde. Allen gemeinsam war der kräftige Körperbau, das überschäumendeTemperament, die Eigenständigkeit, Wachsamkeit, die angeborene Treib-Eigenschaft, Intelligenz, die geringelte Rute und das gehäufte Vorkommen im Alpenraum. Dazu kam sicher auch noch die Hoftreue und der nur schwach ausgeprägte Jagdtrieb.
Leider ist die 3. Appenzeller-Variante - der Schilt - dem heutigen Erscheinungsbild zum Opfer gefallen. Auch er hätte bestimmt seine Liebhaber gefunden.
Anfangs 1900 wurden die Standards für die Schweizer Sennenhunde erarbeitet. Ziel war es ein möglichst einheitliches Bild zu schaffen. So wurde beschlossen, dass alle Schweizer Sennenhunde farblich gleich Aussehen, nämlich schwarz-braun mit weissen Abzeichen.
Bei den Appenzeller Sennenhunden trat früher die havannabraune Grundfarbe recht häufig auf. In vielen Würfen gab es braune Welpen, diese wurden aber sofort eliminiert, da das Braun nun als Fehlfarbe galt.
(Wenn ich von braunen Welpen rede, sind diese natürlich auch dreifarbig, havannabraun-braun mit weissen Abzeichen. Der Appenzeller Sennenhund ist ausschliesslich dreifarbig, ob die Grundfarbe nun schwarz oder braun ist)
1982 wurde der havannabraune Appenzeller anerkannt. Der Beschluss kam nach ausgiebigen, aber fairen Diskussionen zustande und war damit sofort verbindlich geworden. Ein Relikt blieb allerdings erhalten: Braune Appenzeller dürfen nicht mit braunen, sondern nur mit schwarzen verpaart werden. Diese Regelung ist aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar.